Verbundprojekt „ReSalt“: Reaktive Reservoirsysteme

Lösung und Fällung von Salzen und die Auswirkungen auf die hydraulischen und mechanischen Gebirgseigenschaften.

Bei der tiefen geothermischen Energiegewinnung werden Reservoirfluide gefördert, die meistens hochsalinar. Diese heißen Lösungen, die multiple Salzverbindungen enthalten, werden nach der Energieausbeute unter neuen Druck- und Temperaturbedingungen in das Reservoir reinjiziert. Die Kreislaufführung des Thermalfluids im Reservoir ist unabdingbar, um einen nachhaltigen, langjährigen Betrieb bei wirtschaftlich vernünftigen Druckverhältnissen sicher zu stellen.

Im Zuge dieser Reinjektion kann es zur Ausfällung von Mineralen im Kluft-, Poren- und Rissnetzwerk des geothermischen Reservoirs kommen. Ausgehend von diesem Reservoirscaling verändern sich die hydraulischen und mechanischen Eigenschaften des Gebirges, so dass die Gebirgsdurchlässigkeit zum Teil erheblich reduziert werden kann. Es wird beim ReSalt-Forschungsansatz davon ausgegangen, dass die Reinjektionsbohrung bei Produktionsbeginn eine hohe Injektionsrate erlaubt, welche erst im Betrieb durch Scaling künstlich verringert wird.

Es ist davon auszugehen, dass Reservoirscaling häufig auftritt, jedoch ist der Nachweis im Einzelnen systembedingt schwierig. Das Auftreten salinarer Ausfällungen ist bei vielen Geothermieanlagen bekannt.

Obertägig tritt ein physikochemisch ähnlicher Scaling-Effekt im Rohrnetz des Thermalwasserkreislaufs auf. Wenngleich die Fällungsprozesse beim obertägigen Scaling bereits recht gut erforscht sind, so gibt es beim Reservoirscaling noch erhebliche offene Forschungsfragen:

  • Welche Minerale fallen aus?
  • In welchem Kristallsystem?
  • Wie wirkt sich die innere Oberfläche des jeweiligen porösen Mediums auf die Ausfällung aus?
  • Wo fallen die Minerale primär aus – unmittelbar im Bereich der Reinjektionsbohrung oder auch in größerer Entfernung?
  • Wieviel an Masse und Volumen fallen aus?
  • Wie kann die dazugehörige Kinetik charakterisiert und modelliert werden?
  • Wie ist der Einfluss auf die hydraulischen und mechanischen Gebirgseigenschaften?
  • Gibt es Prognoseoptionen für das Reservoirscaling?

Zur nachhaltigen geothermalen Energiegewinnung in Deutschland ist eine effiziente Reinjektion von Reservoirfluiden unabdingbar. Nur so wird Geothermie im zukünftigen Energiemix des Landes langfristig einen wesentlichen Beitrag liefern. Es bedarf deshalb einer hinreichenden wissenschaftlichen Analyse dieser Fragestellungen. Für bereits im Betrieb befindliche und auch geplante Anlagen sind entsprechende Lösungsansätze für den nachhaltigen und wirtschaftlichen Betrieb von sehr großer Bedeutung.

Wäre das Reservoirscaling prognostizierbar und kontrollierbar, könnte bei der geothermischen Strom- und Wärmegewinnung ein nachhaltiger Betrieb gewährleistet werden. Die planvolle Verringerung induzierter Seismizität in Magnitude und Frequenz wird in der Gesellschaft die Akzeptanz geothermischer Kraftwerke erhöhen.

Ziel der ReSalt-Initiative ist es, ein grundlegendes Verständnis des Reservoirscalings in kluftdominierten Strömungssystemen vorwiegend sedimentärer Gesteine zu erarbeiten. Die Interaktion zwischen der hydrochemischen Zusammensetzung des Thermalfluids und den physikalischen Randbedingungen im Reservoir (z.B. Druck und Temperatur) in Abhängigkeit zum Reinjektions- und Förderdruck zu quantifizieren, ist dabei ein zentrales Arbeitsziel. So sollen die Prognosemöglichkeiten und die verfahrenstechnische Beherrschbarkeit des Reservoirscalings verbessert werden. Dabei spielt die Analyse und Beurteilung der Permeabilitätsentwicklung bei variierenden p/T-Bedingungen eine zentrale Rolle.

Hauptziele sind:

  • Präzise chemisch-mineralogische Beschreibung der Fällungsprozesse
  • Verbesserte Prognose der Permeabilitätsentwicklungen im geklüfteten Sedimentgestein-reservoir unter spezifischen reservoir-chemischen und p/T-Bedingungen
  • Entwicklung und Prüfung verschiedener Zuschlagstoffe in Hinblick auf Permeabilitätsänderungen durch z.B. anorganische Präzipitate
  • Upscaling von Kluft-/Rissentwicklung von der Poren- und Laborskala bis hin zur Reservoirskala
  • Thermo-Hydro-Mechanisch-Chemische (THMC) Modellierung des Rissnetzwerkes und des darin stattfindenden Fluidtransports
  • Effektives Upscaling geomechanischer und geochemischer Prozesse

Die mit ReSalt entwickelten Verfahren und Methoden sollen bei geplanten bzw. in der Erschließung befindlichen Geothermiekraftwerken und den im Betrieb befindlichen zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse sollen darüber hinaus im Rahmen der Helmholtz-Forschungsinfrastrukturinitiative GeoLaB und der industriellen Begleitforschung zur Optimierung des experimentellen Designs einfließen und helfen, die dort mit Kristallingesteinen erzielten Ergebnisse zu generalisieren.

  • Teilprojekt I – Grundlagenverständnis: Detailliertes und grundlegendes Prozessverständnis des Reservoirscalings sowie der Interaktion der physikalischen und chemischen Randbedingungen.
  • Teilprojekt II – Verhinderungsmethoden: Evaluierung und Entwicklung von Methoden zur Verhinderung von Reservoirscaling wie z.B. Druck- und Temperaturänderungen, Stimulationsmechanismen oder dem Einsatz von Zuschlagstoffen zur Verhinderung von Ausfällungsreaktionen.
  • Teilprojekt III – Kalibrierung und Upscaling: Kalibrierung der Ergebnisse anhand von Modellsystemen und Referenzmaterialien, experimentelle und modellhafte Überprüfung an weniger komplexen Praxisbeispielen und darauf aufsetzend Upscaling auf komplexe Reservoirsysteme.

(1) Auswahl, Beprobung, Präparation und petrophysikalische Charakterisierung typischer Reservoirgesteinsanaloga

(2) 4-Dimensionale Untersuchung mittels Röntgen-Computer-Tomographie (XCT) (vor und nach Belastung und Durchströmung in einer Durchströmungs- und zwei Thermo-Triaxial-Anlagen) und Erstellung einer 3D-Modellierung des Porenraumnetzwerks zur Korrelation und quantitativer Bestimmung der Kluft-Porenraumveränderung unterstützt durch Quecksilberporosimetrie und Dünnschliffanalyse.

(3) Reaktive Durchströmungsexperimente mit definierten, im Labor hergestellten oder kontrollierten Thermalfluiden mit zwei Thermo-Triaxial-Anlagen unter komplementären Versuchsbedingungen und übertragbaren p/T-Verhältnissen und einer Durchströmungsanlage; sowie paralleler ICP-MS-Analytik (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) zur Erfassung von Änderung des Fluidchemismus.

(4) Quantifizierung der aus Lösung und Ausfällung resultierenden Änderungen der Gesteinseigenschaften mit besonderem Augenmerk auf die Veränderungen der Scherfestigkeit und der Permeabilität

(5) ESEM (Environmental Scanning Electron Microscopy) und TEM (Transmission Electron Mikroscopy) Analysen von Probenmaterial vor und nach den Durchströmungsexperimenten auf Ausfällungsprodukte und Veränderung der Porengröße sowie Elementanalyse der nachgewiesenen Ausfällungen.

(6) Thermo-Hydro-Mechanisch-Chemisch (THMC) gekoppelte Modellierung auf mikro- bis makroskaligem Bereich zur Analyse und Generalisierung der Einflüsse auf die Reservoireigenschaften, ausgehend von Parameterveränderungen

(7) Upscaling-Prozessierung von Kluft- und Rissentwicklungen sowie der auslösenden und daraus folgenden geomechanischen und geochemischen Prozesse vom Poren- und Labormaßstab auf die Reservoirskala

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